WIMT Newsletter 01/18


Zur Verantwortung des gewerberechtlichen Geschäftsführers

 

 

Der gewerberechtliche Geschäftsführer ist gegenüber der Behörde dafür verantwortlich, dass die gewerberechtlichen Vorschriften eingehalten werden und gegenüber dem Gewerbeinhaber, dass das Gewerbe fachlich einwandfrei ausgeübt wird. Der gewerberechtliche Geschäftsführer hat sicherzustellen, dass es zu keiner Überschreitung der Grenzen der Gewerbeberechtigung kommt.

 

Bei der Verpflichtung, das Gewerbe fachlich einwandfrei auszuüben, geht es darum, den fachlichen Unternehmensbereich unter Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften zu führen. Eine Verantwortung besteht auch, wenn ein anderes Gewerbe, welches im sachlichen Zusammenhang mit dem eigenen steht, unbefugt ausgeübt wird. Folglich handelt es sich dann um die Ausübung einer unbefugten Gewerbetätigkeit, für die der gewerberechtliche Geschäftsführer (verwaltungsrechtlich) verantwortlich ist, wenn eine Tätigkeit, welche gewerberechtlich nicht gedeckt ist, im sachlichen Zusammenhang mit einer durch eine bereits vorhandene Gewerbeberechtigung gedeckten Tätigkeit steht.

 

Dies folgt aus § 39 Abs 1 GewO in Verbindung mit den Strafbestimmungen gemäß § 366 Abs 1 Z 1 und § 370 GewO. Unbefugte Tätigkeiten, die nicht von der Gewerbeberechtigung gedeckt sind und ein fremdes Gewerbe betreffen, haben zu unterbleiben. Nach seinem eindeutig erkennbaren Zweck soll das Gebot der Einhaltung der Gewerbeberechtigungsgrenzen gewährleisten, dass die für die Ausübung des Gewerbes notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten vorhanden sind und folglich Gefahren aufgrund fehlender Sachkenntnis zu vermeiden. Insofern handelt es sich um ein Schutzgesetz gemäß § 1311 ABGB zugunsten des Werkbestellers.

 

Bei Schutzgesetzen iSd § 1311 ABGB handelt es sich um objektiv abstrakte Gefährdungsverbote, die Mitglieder eines Personenkreises vor der Verletzung von Rechtsgütern schützen sollen. Begrenzt sind diese konkreten Verhaltensvorschriften zum einen durch die Gefahren, die es zu vermeiden und zum anderen durch die Personen, die es zu schützen gilt. Ein Indiz für die Qualifikation als Schutzgesetz impliziert dabei die Strafsanktionierung. Vorrangig stellt die teleologisch ausgerichtete Normzweckprüfung darauf ab, was das Ziel der in ihrem wesentlichen Normgehalt feststehenden Anordnung ist.

 

Entscheidend ist, dass der Schutz des Individuums im bezweckten Sachgebiet der Norm liegt. Es ist unschädlich, wenn vorrangig der Schutz von Allgemeininteressen beabsichtigt ist, sofern die Norm in diesem Sinne auf den Schutz des Einzelnen gerichtet ist. Es reicht jedoch nicht aus, dass der Schutz des Einzelnen durch Einhaltung der Norm nur objektiv, quasi als Reaktion, gelingt.

 

 

OGH 28.09.2017 - 8 Ob 57/17s

https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20170928_OGH0002_0080OB00057_17S0000_000