WIMT-Sondernewsletter 2021/3

 

Covid 19 und Geschäftsraummiete – erste Entscheidung des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien

 

Mietzinsreduktion wegen Betretungsverbots im ersten Lockdown - Buchhandlung.

 

Nach den beiden richtungsweisenden Entscheidungen des BG Meidling musste sich nun erstmals auch das Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen mit Fragen zur pandemiebedingten Mietzinsminderung beschäftigen. Im konkreten Fall begehrte ein Buchhändler, der trotz des Betretungsverbotes während des ersten Lockdowns die volle Hauptmiete unter Vorbehalt bezahlt hatte, einen Anteil der bezahlten Miete zurück. Ausgehend vom durchschnittlichen Quadratmetermietzins (13,90/m² für den Verkaufsraum und 4,20/m² für Lagerflächen) machte der Buchhändler nur jenen Mietzinsanteil geltend, der auf die Fläche des Verkaufsraumes entfiel. Obwohl der Buchhändler seine Stammkunden telefonisch und per Mail weiterhin betreute, erzielte er lediglich 2 bis 5% des Vorjahresumsatzes. Weiters wurde festgestellt, dass der Buchhändler keinen Antrag auf Fixkostenersatz gestellt hatte.

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen gab dem Klagebegehren statt und führte zunächst grundsätzlich aus, dass sich die §§ 1104 f ABGB nicht nur auf pandemiebedingte Substanzbeeinträchtigungen des Mietobjektes, sondern auch auf legistische Nutzungsbeschränkungen zur Bekämpfung der Pandemie beziehen. Unter Berücksichtigung der Wertung der gesetzlichen Gefahrtragungsregel bei „gewöhnlichen Zufällen (§ 1096 Abs 1 S 2 ABGB)“ kam das LGZ Wien zum Ergebnis, dass der Bestandgeber das Risiko für alle auf Zufall beruhende Umstände tragen müsse.  Die Preisgefahr liege daher stets beim Bestandgeber. In diesem Zusammenhang wies das LGZ Wien darauf hin, dass auch die Justizministerin in einer schriftlichen Aussendung diese Rechtsansicht vertreten hatte.  Zur Vorhaltung, dass der Mieter verpflichtet gewesen wäre einen Antrag auf Fixkostenzuschuss zu stellen und den erzielten Betrag an den Vermieter weiterzuleiten, hielt das Gericht zutreffend fest, dass der Mieter nur den Ersatz jener Fixkosten hätte beantragen dürfen, der nach einer Mietzinsminderung tatsächlich geschuldet war. Zum Umfang der Mietzinsminderung führte das LGZ Wien aus, dass die relative Berechnungsmethode anzuwenden sei. Der Wert von Auslagenflächen wurde in der Entscheidung zwar angedeutet, aber verglichen mit dem Wert der Verkaufsfläche als gering bewertet.

 

Die Frage, ob Geschäftsraummietern auch für den Zeitraum nach dem Lockdown wegen pandemiebedingter Benutzungsbeschränkungen (zB 10m² Regel), oder eines pandemiebedingt verminderten Kundenaufkommens eine Mietzinsreduktion zusteht, war in dieser Entscheidung nicht zu beantworten. Es bleibt spannend!

 

LGZ Wien, 39 R 27/21s

 

Anbei finden Sie den Volltext der Entscheidung: https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20210217_LG00003_03900R00027_21S0000_000

 


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