WIMT Newsletter 01/18


Mietzinsminderung bei Schimmelbildung vom Lüftungsverhalten des Mieters abhängig

 

 

Wenn der Mieter Schimmelbildung nicht durch ein normales Lüftungsverhalten  verhindern kann (sieben Mal täglich lüften), wird dies der Sphäre des Vermieters zugerechnet und berechtigt den Mieter zur Mietzinsminderung. 

 

Bei einer derartigen durchschnittlichen Brauchbarkeit kann der Mieter auch erwarten, dass ein durchschnittliches Lüften ausreichend ist. Wenn ein darüber hinausgehendes Lüftungsverhalten notwendig ist, um Schimmelbildung zu vermeiden, kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass dies nicht am normalen Wohnverhalten der Mieter sondern an der Beschaffenheit des Bestandsobjektes liegt und somit dem Vermieter zugerechnet werden kann.

 

Gemäß § 1096 Abs 1 zweiter Satz ABGB wird der Mieter von der Entrichtung des Mietzinses für die Dauer und im Ausmaß der Unbrauchbarkeit des Bestandobjektes befreit, wenn dieses bei Übergabe oder ohne Verschulden des Übernehmers während der Bestandzeit dermaßen mangelhaft wird, dass kein bedungener Gebrauch möglich ist. Im Zweifel geht man davon aus, dass eine „mittlere Brauchbarkeit“ geschuldet wird. Der Anspruch auf Zinsminderung besteht kraft Gesetzes ab Gebrauchsbeeinträchtigung bis zu deren Behebung, wobei kein Verschulden des Bestandgebers notwendig ist. Dabei ist primär auf den Vertragszweck abzustellen, denn nach diesem sowie der Verkehrssitte richtet sich die geforderte Verwendbarkeit.

 

Wenn die Gebrauchsbeeinträchtigung vom Bestandnehmer selbst verursacht wurde, besteht kein Anspruch auf Mietzinsminderung, ebenso ist ein Mitverschulden zu berücksichtigen. Die jeweiligen Anteile an der Entstehung des Mangels müssen bei der Bemessung der Mietzinsminderung in Anrechnung gebracht werden.

 

Im Allgemeinen muss ein Mieter weder bei Beginn des Mietverhältnisses noch zu einem späteren Zeitpunkt mit Schimmelbildung in zum Wohnen gewidmeten Räumlichkeiten rechnen. Da nicht bloß oberflächlicher Schimmel auch gesundheitsgefährdend sein kann, ist prinzipiell davon auszugehen, dass Schimmelbildung einer (mittleren) Brauchbarkeit widerspricht.

 

Die Feuchtigkeitsbildung mit „internen feuchten Quellen“ – laut Gutachten sind darunter Atmung, Waschen, Kochen, Pflanzen zu verstehen – in Zusammenhang zu bringen, ist jedoch bei normalem Wohnverhalten unvermeidbar. Dies sagt nichts über ein Fehlverhalten der Bestandnehmer oder über die Ursache, warum es durch diesen normalen Feuchtigkeitseintrag zur Schimmelbildung kommt, aus. Es bedeutet nur, dass keine Baumängel, wie zum Beispiel eine Durchfeuchtung des Mauerwerks, zur Feuchtigkeitsbildung beigetragen haben.

 

Wenn ein Bestandsobjekt zu Wohnzwecken vermietet wird, hat der Bestandsgeber dafür Sorge zu tragen, dass dies in ortsüblicher Weise dafür genutzt werden darf und ebenso nutzbar ist.

 

Selbst wenn die erste Instanz feststellt, dass es bei den konkreten Verhältnissen technisch gesehen notwendig wäre, sieben Mal täglich zu lüften, führt dies nicht dazu, dass ein derartiges Verhalten vom Mieter - ohne vorheriger konkreter Vereinbarung - erwartet werden kann. Im Allgemeinen und speziell im Winter wird ein derartiges Verhalten nicht zumutbar sein. Besonders deutlich zeigt sich diese Unzumutbarkeit darin, dass eine aktive Lüftung des Schlafzimmers auch während der Schlafphase sowie während des ganzen Kochvorgangs als erforderlich gesehen wird.

 

Auch das Aufhängen von Wäsche zum Trocknen ist Teil einer gewöhnlichen Nutzung eines Bestandobjektes. Die Parteien vereinbarten im vorliegenden Fall jedoch ausdrücklich, dass die Mieter dies zu unterlassen hätten. Zudem stellte man einen Trockner mit Münzeinwurf im Haus zur Verfügung. Daher kann es den Beklagten als mitursächlich für die Schimmelbildung vorgehalten werden, dass –vertragswidrig –in der Wohnung Wäsche aufgehängt wurde.

 

Da wesentliche Feststellungen fehlen, kann nicht beurteilt werden, wie umfangreich ein Mietzinsminderungsanspruch der Beklagten ausgestaltet ist, speziell ob er über den von den Vorinstanzen angenommenen 15% anzusetzen ist. Deswegen mussten die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und die Rechtssache zurück an das Erstgericht verwiesen werden.

 

 

OGH 28.09.2017 - 8 Ob 34/17h

 

https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20170928_OGH0002_0080OB00034_17H0000_000